Mittwoch, 26. Mai 2010

Zwischen Oxus und Jaxartes

 Buchara Skyline

Wir haben die unendlichen Flaechen der Karakum Wueste durchquert, den maechtigen Oxus hinter uns gelassen, Kilometer um Kilometer auf sowjetischen (d.h. alten) Strassen rumpelnd vernichtet, die sich anbahnende Sommerhitze ueber uns ergehen lassen, dabei viel an kuehle Getraenke gedacht und tiefe Swimmingpools, jedoch meist keins von beidem gefunden.


Dabei manchmal haben wir manchmal gesungen, meistens jedoch nicht, manchmal daran gedacht, wie sich unsere Felgen auf den anstehenden 2000 Bergkilometern im Pamir halten, nachdem sie ihren baldigen Kollaps schon seit den letzten 2000 km ankuendigen, manchmal solche Gedanken unterdrueckt, manchmal die offenbar im Sterben liegende und entsprechend knarrende Nabe nicht ueberhoeren koennen und dann wieder gedacht, die wird schon halten.

Auf diesen Strecken kreuzten schon vor zweitausend Jahre Haendler mit ihren Lastkamelen durch die Sande; von Karavanserei zu Karavanserei (Karavanenpalast), wo sie Waren und Informationen austauschten. Die Ruinen solcher Etappenziele der Seidenstrasse stehen noch heute in den Weiten der Landschaft und die Pracht der alten Handelsstaedte wie Buchara und Samarkand ist noch heute zu bestaunen

eine Karavanserei von innen


Der toedliche Ernst dieser gefaehrlichen Strecken ist dem Hedonismus der heutigen Veloreisenden gewichen. Und solche sind heute zahlreich unterwegs! In diesen Gegenden, wo man Strassen als hunderte Kilometer lange Geraden sogar vom Mond aus sieht und sich die wenigen Staedte an diese reihen, wo immer die Natur Wasserverfuegbarkeit beschert, da konzentriert sich der Fremdenverkehr unweigerlich auf die strategischen Orte. Die modernen Karavansereien sind die Unterkuenfte, welche im LonelyPlanet zuoberst stehen (d.h. am billigsten sind). Hier treffen fast taeglich Veloreisende ein oder brechen auf. Man vernimmt die neuesten Informationen zu den Visabedingungen, Strassenverhaeltnissen, oder wen man sonst noch angetroffen hat. Man vernimmt von anderen Gleichgesinnten, die tausende Kilometer entfernt unterwegs sind, und die man dann ein paar Monate spaeter doch noch antrifft. Und man sieht ploetzlich diesen gruenen Bus mit basler Nummer, der einen schon vor drei Monaten in der Suedtuerkei ueberholt hat.

Turkmenische Neubauminarette - finanziert von einem Verbrecher an seinem Volk, dem immerhin verstorbenen Turkmenbaschi. Dafuer wurde die Universitaetszeit auf zwei Jahre verkuerzt, die Schule aufs Studium seines Buches reduziert und Spitaeler geschlossen. Die Moschee ist menschenleer, die Mullahs wurden schon von den Sowjets zu tausenden vernichtet. Eine grausige Fassade.

So lernen wir in Mashad die drei lustigen Franzosen kennen, mit denen wir in der Folge gemeinsam Richtung Turkmenistan aufbrechen. Wir stellen vor...

Jojo - responsable de la responsabilite

Terence - se Enerschiman

Ludo - se Pijaman

Wir lassen uns von deren Abenteuerlustigkeit anstecken. Das hat bis hierhin darin bestanden, von Marseille loszumarschieren, irgendwo Velos zu kaufen, damit den Balkan durab, bis der Winter nur noch Wandern zulaesst. Das dann so lange, bis die Schuhe auseinanderfallen und dann weiter mit wieder neu gekauften Velos von der Schwarzmeerkueste bis hierhin, Mashad und weiter bis nach Safkhanmandan - ein fast beliebiges Einod in der Mongolei - eine Schnapsidee die zur Wirklichkeit geworden ist. Und wenn immer irgendwie moeglich: auf Nebenstrassen.


So solls von hier aus auch weitergehen. Auf der Karte ist ein Weg eingezeichnet. Wir schliessen uns ihnen an.
An jeder Wegkreuzung wird gefragt, obs hierlang weitergeht ins naechste Dorf. Ob der Weg befahrbar ist ueber die unvermeidliche Bergkette. Die Formulierung der Frage jeweils auf drei, vier Arten abgeaendert, denn man bekommt immer die Antwort, welche der Gefragte denkt, die man sich wuenscht. Die Widerspruechlickeit der Antworten ermoeglicht dann auch von Seiten der Abenteuern die gewuenschte Version auszuwaehlen.

So machen wir uns auf. Bald wird die Strasse zum Staubweg und die Bergkette scheint steil. Irgendwann gibt niemand mehr die gewuenschte Version zur Antwort und wir entscheiden uns, den Weg auf der Karte zu verlassen, um nicht nochmals einen Tag zurueck zur Asphaltstrasse fahren zu muessen, sondern in relativ wenigen Kilometern auf diese an einem anderen Ort zu gelangen. Allerdings muss der Weg dorthin zuerst gefunden werden.

Bald ist nicht einmal eine Fahrspur mehr zu erkennen. Die Richting stimmt jedoch. Mit dem Kompass um den Hals fuehren uns unsere franzoesischen Freunde durch ausgetrocknete Bachlaeufe, durch die weg- und wasserlose Halbwueste.



Et bouff... on tombe sur des nomades! Wir verkoestigen uns erst mal mit saeuerlich gaerender Milch und erfragen den weiteren Wegverlauf. Die zur Antwort gegebenen und verstandenen Wortfetzen genuegen um einen Plan zu schmieden, wie man schick wieder auf die grosse Strasse gelangen koennte.



So geht es weiter. Lena ist Mountainbikerin, Terence und Ludo flicken ihr velo en mousse (eins, das zu nicht viel taugt), Jojo macht Fotos und Beni macht sich Sorgen: Nicht mehr ewig Wasser vorhanden, eine Ortschaft am Horizont, die Strasse zu erkennen am gegenueberliegenden Horizont, davor ein Fluss und keine Bruecke.


Impressionen von usbekischen Strassen und Maerkten..






Es war ein riesiges Glueck, diese Franzosen zu treffen, die sich durch nichts die Stimmung verderben lassen. Alles ist lustig. Und so faellt es leicht, die Oednis zu durchqueren.

Unser Tross ist nun in Samarkand eingetroffen. Wir stehen am Fuss der Berge. Der Pamir, der Knoten, wo die Hoechten Gebirgsketten der Welt aufeinandertreffen. Ueber zwei Paesse ueber 3000 m und ohne Asphalt solls in eines der abgelegensten Taeler gehen: der Wakhan Korridor, vo da aufs Hochplateau des Pamirs und ueber Paesse von weit mehr als 4000 m wieder hinab nach Kashar, im chinesischen Xinjang gelegen.

Unsere Waden sind gestaehlt, der Haematokritwert auf einem Rekordhoch, der Ruhepuls nur mit viel Gedulg wahrnehmbar, Koerperfett genau so, dass es reicht und der Magen abgehaertet wie der eines Rosses. Die Felgen sind ersetzt durch den usbekischen Mountainbike Meister und das chinesische Visum abholbereit (vermutlich). Wir freuen uns auf die Berge. Jodo simmer dehei, juhei.

vor dem Kalon Minarett in Buchara

Sonntag, 16. Mai 2010

Unter dem Chador

Wenn es zu einem intimen Gefuehl wird, wenn ein Mann meine Haare sieht, dann stimmt wohl etwas nicht mehr. Doch nach einem Monat verdeckter Haartracht und dem Bewusstsein, dass diese Maenner nur besten Falls im Ferseher oder in den Ferien tuchfreie Frauen zu Gesicht bekommen - ausser der Ehefrau, falls vorhanden - stellt sich genau ein solcher Gefuehl ein. Denn streng genommen - und streng genommen wirds - gilt schon der Bruder des Ehemannes als fremder Mann, vor dem Verhuellungspflicht herrscht. Da es im Iran ueblich ist, sich all abendlich in einem Haus eines Familienmitglieds zu treffen, ist also oft nicht einmal das Hausinnere ein Kopftuchfreier Ort.

 ich bi de Geischt mit em wiisse Hoemmli.
hier auf dem Salzsee in der Dast-e Kavir.

In Teheran, wo die Frauen am meisten Haarpracht zeigen und viele das Kopftuch nur noch pro forma am Hinterkopf tragen, wurde die Bevoelkerung vor dem Zorn Allahs gewarnt, der bald heftige Erdbeben ueber Teheran schicken wird, um das unmoralische Frauenvolk zu bestrafen.
Man kann sich schon fragen, was Allah damit bezwecken will, die Frauen zu verstecken und die gesamte Frauenwelt auf sehr unnatuerliche Art von der Maennerwelt zu trennen. Er sagt damit den Maennern einen fast tierischen Trieb nach, der sie veranlassen wuerde, ueber jedes unverhuellte weibliche Wesen sofort herzufallen. Die zweite Frage ist, ob denn ein solches schwarzes Tuch wirklich die weiblichen Reize gaenzlich verdecken kann. Aber liegt denn die Anziehung nicht ebenso in ausgetauschten Blicken oder in der ganzen Bewegung des Koerpers? Tatsache ist, dass mit der Verschleierung ausschliesslich der Massstab anders gesetzt wird - wie gesagt - wenns bei uns vielleicht langsam intim wird, wenn wir in Unterhosen rumlaufen, beginnts hier halt schon zu kribbeln wenn ein Ellbogen sichtbar wird. Auf die Frage, weshalb die Frauen z.B. an der Uni kein kollektives Kopftuch-Niederlegen organisieren, wurde mir geantwortet, dass viele einfach keine Revolution mehr moechten, obwohl sie des Kopftuches und der Verhuellunf ueberdruessig waeren. Andererseits gibts aber auch viele, die aus Ueberzeugung nicht mitmachen wuerden. Tatsaechlich hab ich auch mit Frauen gesprochen, die mir versicherten, es sei gar nicht so heiss unter dem Chador, und nein, man gewoehne sich daran, stehts mit einer Hand den Stoff unter dem Kinn zusammenzuhalten. Naja, nach einem Monat auf jeden Fall noch nicht.


Um die Pilgerstaette in Mashhad zu besuchen, durfte ich einen Chador (= Zelt, in Farsi) leihen. Doch nebst der praktischen Gegebenheit, dass man sich darunter ungesehen ueberall kratzen kann wo es gerade noetig ist, konnte ich dem schwarzen Tuch keine Sympathie abgewinnen. Binnen kuerzester Zeit begann ich zu schwitzen - die eine Hand haelt das Tuch fest, die andere ist damit beschaeftigt, den Stoff hochzuheben und gegebenen Falls zu befreien, sobald er sich wieder irgendwo verheddert hat. werden beide Haende gebraucht, zum Beispiel um eine Falsche zu oeffnen, wird das Tuch mit dem Mund zusammengehalten - soll nun aber die geoeffnete Flasche an die Lippen gesetzt werden stellt das Tuch von neuem ein Problem dar. Einfach ist das nicht.


Und nebst diesen Unannehmlichkeiten, an die man sich ja vielleicht tatsaechlich mit ein paar Tricks gewoehnen kann, macht mich das schwarze Tucheinfach auch noch sau haessig! Jede Frauengruppe, die durch die Strasse laeuft, sieht aus wie ein Trauerzug; wie wenn es ihnen auferlegt worden waere ein ganzes Leben zu trauern, dass sie eben nicht als Maenner auf die Welt gekommen sind. das hintere Abteil in den oeffentlichen Bussen (wo Frauen strickte von den Maennern getrennt fahren) ist voll von schwarzen Kraehen oder bestenfalls Nonnen, alle Gesichter von Scheuklappen eingegrenzt. Dabei sind die Laeden voll von leuchtigen Frauenkleidern, glaenzenden Tuechern und Roecken - irgendwo im Geheimen muessen die Iranerinnen feurig-farbige Fester feiern. Oder die Kleider haengen im Kleiderschrank und warten auf bessere Zeiten. Ich weiss es nicht.


Einen Boyfriend zu haben ist zwar nicht erlaubt, dennoch ist es bis jetzt noch nicht gelungen die Geschlechter komplet voneinander zu trennen. Es gibt viele, besonders in den Staedten, welche girl- und boyfriends haben - ob sie diese dann auch heiraten duerfen haengt vom Wille der Familie ab. Oft oder meist werden die Hochzeiten arrangiert - auch ich wurde schon nach einem heiratswilligen Mann aus meinem Bekanntenkreis gefragt; hab dann mal meinen Bruder angeboten...
Auf alle Faelle bin ich froh, in einem Teil der Welt zu leben, wo das Verhaeltnis zwischen dem weiblichen und dem maennlichen Geschlecht nicht vom Staat und der Religion (was hier dasselbe ist) kuenstlich verzerrt wird. Und ein grosses Dankeschoen an die sexuelle Revolution!

Nachtrag:
Ich wusste nicht wie wohl ich mich fuehlen wuerde in einer Diktatur wie Turkmenistan. Alle laufen rum, wie es ihnen gefaellt, meist farbig, mit oder ohne Kopftuch. Die Frauen rufen und winken gleich laut wie die Maenner und fragen wir eine Frau nach dem Weg, kommen wir uns nicht mehr vor, wie wenn wir mit einem Tabu sprechen wuerden.

Mittwoch, 5. Mai 2010

Von Banalem und Emotionalem


Nachdem ein analytischer Grundton in unseren bisherigen Blogs schwerlich zu verkennen war, soll hier das Banale und Emotionale unseres Veloreisens thematisiert werden.

Anlass dazu gibt die Leserfrage "Wo bleibt denn die Euphorie?"
Das soll hier jedoch keine Rechtfertigung unsererseits werden, sondern eher ein Berichten ueber das, was uns tagtaeglich antreibt und auf Achse haelt. Es schien mir zunaechst unangebracht, die Leserschaft mit der Erzaehlung zu langweilen, wann wir aufwachen, was wir fruehstuecken, ob das Fuedle schmerzt, was wir zu Mittag essen, ob die Pedale knackt und wann wir zu Bett gehen.

Doch angesichts der gestellten Frage scheint hier eine nuechterne Schilderung des Veloalltags dringlich. Hat man denn zuhause das Gefuehl, es laufe uns staendig kalt den Ruecken runter ob der landschaftlichen Schoenheit und immerzu die Traenen in den Augen vor Ruehrung ob der voelkervereinenden Freundlichkeit unserer oestlichen Mitmenschen? Der Philosoph sagt, das Glueck sei kein Zustand, sondern vergangen, sobald man es erfasst hat. Was dazwischen passiert, ist harte Arbeit! Fuenf bis sechs Stunden reine Fahrzeit, jeden Tag. Dabei muessen etliche Banalitaeten des Alltages bewaeltigt werden.



Und so sieht ein solcher Alltag aus:

Aufwachen immer vor sieben Uhr, weil die Blase - gefuellt von zahllosen Schwarztees am Vortag - drueckt und der Magen-Darmtrakt in seiner eindruecklichen Puenktlichkeit sein taegliches Produkt ankuendigt.
Auf die so provozierte Erleichterung folgt ein brennendes Hungergefuehl. Ohne dieses gestillt zu haben, laeuft erst gar nichts, oder zumindest nichts mit Euphoriegefuehlen verbundenes.

In der Tat ist die Befriedigung die erste Tagesaufgabe, die ein Mindestmass an loesungsorientierter Problemauffassungsgabe voraussetzt: Wie bekomme ich meine morgendliche Mahlzeit mit einem Maximum an Naehrwert innerhalb vernuenfig kurzer Zeit?

Nach dem Beladen des Fahrrades, was ein Mindestmass an Koordinationsvermoegen voraussetzt, ist der Orientierungssinn gefragt. Wo gehts aus der Stadt in die richtige Richtung? So kann es auch mal vorkommen, dass wir, so geschehen in Aleppo, an einem Kreisel den Kompass konsultieren.



Ist erst mal der Weg des Tages eingeschlagen, richtet sich der Blick entweder auf das Hinterrad von Hispeed Leni, oder vorne fahrend erschreckend haeufig auf den Velocomputer, der mit seiner Geschwindigkeits- und Distanzangabe die Gemuetsverfassung zwar nicht gerade diktiert, doch immerhin einen wesentlichen Einfluss darauf zu haben scheint.

Zeigt er eine Geschwindigkeit von unter 19 km/h an und tropft gleichzeitig eine Schweissperle von der Nase, sucht man nach Erklaerungen und bemerkt gegebenenfalls ein besonders starkes Flattern des Trikots. Dies erklaert der Velofahrer damit, dass der Fall eingetreten ist, einen Gegenwindtag erwischt zu haben. Davon ausgehend dass dieser Fall und sein Pendant (Rueckenwind) binomialverteilt sind, mit Eintretenswahrscheinlichkeiten von je 50 %, und dass das ganze ortsunabhaengig ist, verlaesst sich der Rationalist auf die ausgleichende Gerechtigkeit der hohen Zahlen und freut sich ab der Sehlenruhe des Weitreisenden, der sich auf seine zahllosen Velotage verlaesst.

Nimmt der Gegenwindfall jedoch eine solche Haeufigkeit an, dass sich der Rationalist gezwungen sieht, aufgrund seiner gefuehlten Teststatistik die oben erwaehnte Hypothese bei einem Konfidenzniveau von 99.9 % zu verwerfen, hilft nur noch die Erklaerung, dass wohl gleichzeitig mehr als zwei Velofahrer in der Gegenrichtung unterwegs sind, was die Windgoetter dazu bewegt haben muss, deren Gebet zu erhoeren und nicht unseres.
Im naechsten Stadium, wo wir selbst den Glauben and die Windgoetter aufgegeben haben, nachdem wir erst eine Woche von Syrien gen Norden nach Zentralanatolien und danach eine Woche von Tabriz im Nordwestiran gen Sueden gegen einen stetigen Gegenwind kaempfen, und dabei keine anderen Velofahrer antreffen, setzt sich die Einsicht durch, dass die Annahme der Ortsunabhaengigkeit nicht zulaessig ist.

Ja, solche Gedanken kreisen dem Velofahrer waehrend den besagten fuenf bis sechs Stunden im Kopf.


Doch dann sind wir ueber den Berg, nachdem wir das Zagrosgebirge zwischen Khoramabad und Esfahan ueberquert haben. Das hier herrschende Windregime spielt uns in den Ruecken und wir lassen uns durch die unendlich weiten Taeler vorbei an schneebedeckten Gipfeln hinab in das knochentrockene zentralpersische Hochplateau (eher ein Becken) treiben. Hier wartet die herrliche Stadt Esfahan auf uns, wo wir uns in der hiesigen Backpackerunterkunft endlich wieder mal mit Unseresgleichen (Velofahrerpaerchen aus Bern) unterhalten koennen und die Stadt geniessen (siehe letzter Blog).

In den Wuestengegenden oestlich von Esfahan, die wir zuletzt befahren haben (siehe Route) flattert manchmal gar nichts, wir pedalieren kaum und sausen totzdem mit ueber 30 km/h durch die Gegend. Es handelt sich dabei um eine jener "Abfahrten", die sich ueber bis zu 100 km erstrecken koennen, ohne Gegenanstieg. Man bemerkt die Neigung nicht, da man geradeaus auf einer Flaeche faehrt, die ueber die Jahrmillionen der Erosion ausnivelliert wurde. Das Auge kann die Neigung nicht erfassen, da sich die offenbar schraegen Flaechen ueber so grosse Weiten erstrecken.



In dieser absolut menschenleeren, nackten Welt richtet sich der Blick auf den weitern Horizont, wo der naechste Gebirgszug wie ein riesenhaftes Schiff aus dem Meer von Stein, Sand und Salz hervorragt. Irgendwo zwischen zwei solchen Gebirgszuegen ueberqueren wir ein Wadi (periodisch wasserfuehrendes Tal). Dahinter gehts ebenso flach wieder bergauf.

Mit der stoischen Ruhe des Weitreisenden arbeiten wir uns so ueber die unfassbaren Weiten der Wueste Kavir. Und nach ein paar Dutzend Kilometer bemerken wir, dass wir ein paar hundert Meter an Hoehe gewonnen haben.
Der Strassenverkehr verlangt unsere Aufmerksamkeit nicht mehr, da nur alle paar Minuten der naechste Laster schon Kilometer vor seinem Passieren sich mit seinem Laerm ankuendigt. Die Zahlen auf dem Velocomputer werden nichtig, da diese Weiten nicht mehr mit Leistung zu bewaeltigen scheinen, sondern mit Willen.

Solche Momente sind es, wo das Alltaegliche und Jetztige keine Rolle mehr spielen. Man schaut in die Welt hinaus und erfasst, dass man sie gerade durchfaehrt. Alles mit eigener Kraft. Man ist da, wo man zuhause waehrend langen Abenden die kuriose Landschaft mit Google-Earth erkundet und sich dabei diese Fremde Welt ausgemalt hat. Wir sind genau hier und machen genau das, wovon wir getraeumt haben. Das ist ein wahnsinnig erfuellendes Gefuehl.

In solchen Momenten raet es sich, die koerpereigenen Drogenausschuettungsmechanismen ein wenig anzufeuern. Das geht ganz gut mit Musik aufm Ohr. Fahr mal durch die Wueste zu Klangteppichverleger Wolle von Dominik Eulberg. Oder breche am Morgen auf zu Changing of the Guards von Bob Dylan. Fast schon gefaehrlich ist es, sich vor der Passhoehe den Rest zu geben mit Aaron von Paul Kalkbrenner.


Hier in der Wueste fuehlen wir uns frei. Der Veloalltag ist nicht mehr durch die Distanzen zwischen Ortschaften vorgegeben, sondern durch den Sonnenstand (oder auch jaeh abgeklemmt durch einen Sandsturm).


Wir fahren, soweit es reicht, schenken von der Strasse und richten unsere Nachtstaette ein auf dem Nichts im Nirgendwo. Am naechsten Tag sollte die Oase dann schon zu erreichen sein...

Oase Garmeh

Route Info
28.4. - 1.5.: Esfahan - Garmeh. 440 km. 4 cycling days. We finally got that desert feeling! Just great for cycling in all belongings.
28.4.: Esfahan -  Toudeshk. Flat, not yet so spectacular scenery, slight uphill all the way. Homestay with family Jalali in Toudeshk (see Lonely Planet), contact them in advance. They organize also desert trips.
29.4.: Toudeshk - (before Anarak). 15 km uphill after Toudeshk, then downhill ca. 60 km downhill to Wadi close to Ishtgah (Nain) train station. Fill up water (plenty: generally 5 l per pers. and day) and food in Nain. Supermarket again in Anarak. House ruins 15 km before Anarak make a good place to pitch the tent. Much less traffic on road after Nain!
30.4.: (before Anarak) - (after Chupanan). In between the two villages no facilities, vast stretch of desert ride. Ever less traffic. Fill up water and food in Chupanan. We camped at the side of the road that turns off from Nain - Khoor road just after the turnoff to Chupanan, direction to Garmeh (written in latin letters). Don't take the turnoff to Ardakan!
1.5.: to Garmeh. ca 30 km after turnoff to Garmeh go straight, where other road turns off to left (only farsi road signs), after another 10 km you reach the oasis town of Haftoman. Follow this (the only one) paved road all the way to Garmeh. Impressive desert mountains and absolutely no traffic (to a point where it becomes intimidating). Stayed in Garmeh at homestay (see lonely planet). Not so cheap but absolutely worth it: super-atmospheric traditional mud brick house and the best food we have tasted in Iran so far.
If you have time, take a day to cycle from Garmeh to Mesr (ask). Superb road through sand dunes.
3.5.: We took the bus from Khur to Mashhad. Several buses leave Khur after 7 p.m. In Mashhad, we stayed at the recommendable homestay of Vali (see lonely planet). If you go on to Turkmenistan, he will be a great help to get this visa. Just contact him in advance and he will organize it, so you can only pick it up at the consulate in Mashhad, which saves you a lot of time and hassle!

Dienstag, 4. Mai 2010

Die Imam Moschee zu Esfahan

Nachdem ein zynischer Unterton in den bisher geposteten Neubauminarettbeitraegen schwerlich zu unterdruecken war, bleiben zunaechst sprachlos ob der zunaechst unfassbaren Erscheinung der Imam Moschee.

(Da die Fotos leider von unzufriedenstellender Qualitaet sind, trotzdem ein paar Worte)


Hinter dem filigranen und fein verzierten Eingangsportal thront - halb verdeckt - die majestaetische Kuppel. Ihre Spitze ueberragt den Boden um
50 m und die Form ist, umrahmt von den Minaretten, von vollkommener Schoenheit. Tagelang blicken wir aus immer neuen Perspektiven auf diese
Silhouette und bleiben erneut ueberwaeltigt stehen, bis sich der Blick davon sattgesehen hat.
Doch das Bauwerk zu erfassen dauert laenger, je naeher man tritt - Ganz so, wie es nach naeherem Hinsehen laenger gedauert hat es zu erbauen, als zuerst vorgesehen. 17 Jahre naemlich. Als der Bauherr Schah Abbas I die Fertigstellung nicht mehr zu seinen Lebzeiten sah, liess er neue effizientere Technologien zur Herstellung der Mosaike anwenden.
 


Das von weitem glaenzende Blau und Tuerkis der Fassaden erweist sich von nahem als riesiges Ornament. Bis ins feinste verzweigt, wird es erst von ganz nahem erfassbar. 
Diese fraktalen Formen finden sich auch in den Diwanen, den charakteristischen Spitzboegen der Portale und Balkonen, wieder. Die sich ueber alle Groessenskalen wiederholende Form mimt als Ganzes eine Tropfsteingrotte mit ihren Stalaktiten.
 


Fuer uns hat sich mit dem Anblick dieses Bauwerks - mal unterm Mondhimmel, mal vor dem Hintergrund der kahlen Wuestenberge hinter der Stadt, mal
durchs Eingangstor zum Bazaar - einer dieser Stereotyp-traeume erfuellt, die man hegt, wenn man sich auf eine Reise entlang der Seidenstrasse
freut. 
 
Es bleiben noch: Ein Kamel, eine Oase nach einem langen Wuestenritt und die Gipfel des Pamirs.