Wir erleben zwei Welten in der Tuerkei. Die erste ist die, in die man
eintritt mit der Faehre von Griechenland kommend. Marmorzoll,
Luxusyachthafen (der im Fruehling fertiggestellt werden sollte, dessen
Ufer jedoch erst gerade aufgeschuettet wird) und die Migros, welche
zahlungskraeftigerere Kunden bedient. Diese Welt ist eine westliche, oder
globalisierte. Man erkennt sie fast ueberall auf der Welt. Shoppingmalls,
Kettenrestaurants, Schuessel-WCs. Sie entsteht in den Touristenzentren, wo
Reisegruppen ihre Komfortansprueche mitbringen und “die Tuerkei” ihnen
gerecht werden muss. Kombiniert mit Wasserpfeifen und Teppichlaeden. Man
trifft jedoch auch auf die erste Welt in staedtischen Regionen, wo das
rasante Wirtschaftswachstum eine Tuerkei hervorbringt, fuer die Kemal
Attatuerk den Grundstein gelegt hatte. Eine, die sich nach Westeuropa
richtet und den erstarkenden Islam als Rueckschritt erachtet. In dieser Welt fuehlen wir uns unbewusst vertraut. Wir bringen unsere von
zuhause gewohnten Reisemethoden mit und zelten im Garten einer unbewohnten
Ferienhaussiedlung mit Meeranstoss. Doch diese Welt wirkt uninteressant.
Dann ueberqueren wir das Kuestengebirge, hinunter in die nach den
besonderst starken Winterniederschlaegen ueberflutete Menderes-Flussebene.
Wir finden uns, bevor wir es merken, in der zweiten Welt der Tuerkei
wieder. Einfache Bauernhuetten, dreckige Huetten, aus denen es schwarz
raucht; Frauen unter ihren kleinblumenmustrigen Kopftuechern und
orientalischen Pluderhosen. (Hier ist das Kopftuch nicht unbedingt
Ausdruck islamischer Lebensfuehrung, sondern traditionelle Bekleidung.)
Hunde schiessen bellend hervor wenn wir in unseren Lycra-tights frivol
durch diese fremde Welt radeln. Natuerlich erregen wir die Aufmerksamkeit
des Dorfes. Manchmal werden wir zum Cay (Schwarztee) hergerufen und wir
verstaendigen uns mit Gesten und unserem “Kauderwelsch-Dix” mehr schlecht
als recht. Kinder starren uns unglaeubig an, manchmal schreit der ganze
Pausenhof uns hinterher. Autofahrer hupen und winken wie wild.
Wir importieren unsere angesprochenen Camping-Gewohnheiten in eine Welt,
die damit nicht kompatibel ist. Wie es daraufhin kam, dass wir beim
Oberkommandanten der lokalen Militaerpolizei zum Uebernachten eingeladen
wurden, soll ein anderes Mal erzaehlt werden..
Wir verkoestigen uns mit Frischgebackenem in einfachen Buden und sind beim
Essen eine Attraktion. Dieses Fremdsein ist anstrengend und beengt. Eine
Attraktion zu sein hat aber auch den Vorteil, dass man die Aufmerksamkeit
und Unterstuetzung erhaelt- egal ob man danach fragt, oder nicht. Und dass
einem wohl gerade deswegen eine unfassbare Gastfreundschaft
entgegengebracht wird, die uns geradewegs ruehrt und das Reisen angenehm
macht und reich an persoenlichen Kontakten und privaten Einblicken. So war
es wie ein Nach-Hause-Kommen als wir im Elternhaus von Anil fuer 2 Tage
als Gaeste warm empfangen wurden. Tesekkuer ederim, Familie Bozbiyik!
Unsere Koerper sind auf gutem Wege, sich an die taeglichen
Herausforderungen zu gewoehnen. Der Ruecken hat sich langsam eingerenkt,
die Oberschenkel wachsen bestaendig und den Knien goennen wir zweimal
taeglich eine Portion Voltaren. An den grossen Velotagen lohnt es sich,
nach dem fruhemorgendlichen Muezzin-Geschrei (5 Uhr) bald aufzustehen um
ein, zwei Stunden spaeter, wenn das Zelt abgeraeumt ist, uns aufs Velo zu
schwingen. Wir teilen unsere Kraefte ein, dass es bis am Abend reicht und
staunen, dass wir bei gemaechlichem Trampen manchmal bis hundert Kilometer
weit kommen.
Schaut mal, dies hier ist eine schoene, vergleichbar gute Strasse, wie man
sie oft antrifft in der Tuerkei, aber es gibt hier ein Detail. Man beachte
den Strassenbelag...
...kosten uns taeglich gefuehlte 20 Pronzent der Energie und wohl bald die
Handgelenke. Doch so schnell laesst sich Lena nicht aus der Ruhe bringen.
Fuer alle, die fuerchten, wir taeten uns allzu harte Strapazen an..
Gruss aus Fethyie.
Route info
16.-20. Feb.: Streikbedingtes Festsitzen auf Chios
21.-25. Feb.: Cesme-Seferihisar-Pamucak-Soeke-Denizli, Secondary roads
between Soeke and Nazilli recommended
27. Feb. -1. Mar.: Denizli-Acipayam-Antilyaya-Kinik-Fethyie, marvellous
scenery on high plateau and descent back to the coast. Roads as always:
terribly coarse pavement.
fantastico, euer berichte. ich konnte deiner 8h laudatio aufgrund fasnacht in basilea auch nicht beiwohnen, hab aber die aufzeichnung in der tagesschau gesehen. haut rein!
AntwortenLöschender tambour
Selam Beni und Lena. Liege zu Hause auf dem Sofa, die Bise pfeifft wie wild, so dass es nicht in die Berge lockt. Ich möchte auch gleich am liebsten wieder losradeln. wir fühlten uns im balkan genauso exotisch ;-) benis laudatio haben ju und ich beigewohnt - herzliche gratulation und frohes weiterradeln. fränzi
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